Etliche Firmen verwenden Künstliche Intelligenz zur Analyse von Telefongesprächen. Derartige Software kann auch Gefühle erfassen, belegen BR-Untersuchungen.
Datenschutz–Spezialisten beäugen das bedrohlich. Die Mehrzahl der Leute kennen das von Telefon-Hotlines: “Zur Weiterentwicklung und Kontrolle unserer Service-Fähigkeit, würden wir das Gespräch möglichst dokumentieren”.
Was zahlreiche Anrufer nicht im Blick haben: Kraft Künstlicher Intelligenz (KI) beurteilen Callcenter mithilfe der Stimme deine Gefühle.
Einer der international bekanntesten Callcenter-Besitzer, Teleperformance, besitzt eine KI-Software, die darüber hinaus Gefühle der Callcenter–Mitarbeiter und Anrufer erfassen soll.
Sprichst du zu schnell? Erscheinst du gereizt oder unsicher? Drohst du mit Beschwerden oder Vertragswechsel?
All das soll KI benutzen, beweisen nicht öffentliche Unterlagen des Unternehmens.
Beinahe 2.000 Mitarbeiter führen in Deutschland für Teleperformance Telefongespräche, darüber hinaus auf Anordnung von Energieanbietern.
Dokumente beweisen, dass Teleperformance-Kunden diese Software für ihre eigenen Hotlines einsetzen dürfen.
Wie viele Telefongespräche das Unternehmen mit der KI-Software kontrolliert, ist offen.
Kontrolle von Anrufergefühlen in Echtzeit
Das Callcenter-Unternehmen 11880 steht indessen frei und offen zur KI-Verwendung.
Leihanbieter von Elektrorollern, Wohnungsbaugesellschaften und Autohäuser zählen zu ihren Kunden.
Für sie erledigt das Unternehmen Reklamationen von Verbrauchern.
Dazu kontrolliert die KI in Echtzeit Klang, Rhythmus, Intensität und Sprachmelodie des Anrufers.
Mehr als 6.000 Kennzeichen der Stimme würden kontrolliert, um daraufhin Gefühle zu ermitteln, sagt Jörn Hausmann, Manager bei 11880.
Die Software soll daraufhin Gefühle wie Freundlichkeit, Wut, aber auch Ärger entdecken.
Hausmann betont, für die Callcenter-Mitarbeiter sei die KI-Software eine Hilfe zur Gefühlsuntersuchung, ihr Gebrauch von einem Datenschützer begutachtet und durch den Betriebsrat erlaubt.
Im Zuge der Telefongespräche erkennen die Callcenter-Mitarbeiter auf ihrem Monitor Emoticons, welche die Gemütslage des Dialogs mitteilen.
Ein Emoticon beschreibt den Ausdruck von Gefühlen des Anrufers, ein zusätzliches die des Callcenter-Mitarbeiter.
Seine Gemütslage wird auch pausenlos verfolgt und beurteilt.
Damit soll garantiert werden, dass Callcenter-Mitarbeiter höflich bleiben und die Anrufer bestenfalls befriedigter einhängen.
Solche Methoden sind kritisch zu bewerten.
Bandansage "gesetzlich umstritten"
In der Bandansage des Unternehmens wird ausschließlich von einer Nutzbarmachung “zur Weiterentwicklung und Kontrolle der Service-Fähigkeit” berichtet.
Rechtsprofessorin Lena Rudkowski (Universität Gießen) bezeichnet diese Gattung von Bandansagen als “gesetzlich umstritten“, zumal Anrufer nicht erkennen könnten, auf welche Weise das Telefongespräch beurteilt werde.
Mit der Entdeckung von Gefühlslagen “muss ein Anrufer nicht rechnen”.
11880-Manager Hausmann begründet: Über Gefühls-KI werden Anrufer nicht informiert. Eine Zustimmung zur Analyse wäre dazu nicht erforderlich:
“Nichts wird da festgehalten. Von Anrufern werden daraus keine Profile berechnet“, so Hausmann.
Auch wenn sich Anrufer der Dokumentation widersetzen, werden Gefühlslagen analysiert.
Wedde: Gefühlserkennung verboten
Rechtsprofessor Wedde (Frankfurt University of Applied Sciences) hält Gefühlsanalyse in Callcentern für gesetzlich verboten.
Arbeitgeber könnten nur die Angaben eigener Mitarbeiter verwenden, die auf alle Fälle unerlässlich wären, so Wedde.
Die Untersuchung der Gefühlslagen ermögliche “umfangreiche Aufschlüsse über die Persönlichkeit“.
KI an der Arbeitsstelle - keine deutlichen Richtlinien
In Deutschland schaffen beinahe 160.000 Personen in Callcentern.
Es ist ungeklärt, wie viele Callcenter Künstliche Intelligenz zur Gefühls- oder Sprachanalyse einsetzen
Experten der Branche erwarten, dass zwischen 10 und 30 Prozent der Telefongespräche in Callcentern mit KI analysiert werden.
Bis jetzt gibt es keine rechtskräftige Reglementierung von künstlicher Intelligenz – auch nicht am Arbeitsplatz.